IT-Fachkräftemangel erreicht Rekordwert

IT-Fachkräftemangel erreicht Rekordwert

Nach einer coronabedingten Entspannungsphase in den vergangenen zwei Jahren spitzt sich der IT-Fachkräftemangel in der Schweiz nun drastisch zu.

Die Corona-Pandemie hat den Schweizer Arbeitsmarkt in den vergangenen zwei Jahren merklich aufgewirbelt. Der Ausbruch der Pandemie und die damit einhergehenden Massnahmen bremsten weite Teile des Wirtschaftslebens in den Jahren 2020 und 2021 stark aus. Trotz der Einführung von breitflächigen, wirtschaftlichen Unterstützungsmassnahmen, sowie der Ausweitung und Vereinfachung von Kurzarbeitsentschädigungen, waren die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt deutlich spürbar. Die Arbeitslosenzahlen schossen in die Höhe. Gleichzeitig suchten Unternehmen merklich weniger Personal, was an der Abnahme des Job Index zu erkennen ist. Diese zwei gegenläufige Effekte führten dazu, dass der Fachkräftebedarf im Jahr 2021 einen Tiefstand erreichte.

Kurzfristiger «Personaldurst»

Erst mit dem Zugang zur Impfung und der schrittweisen Abschaffung der Massnahmen erhöhte sich das Konsumbedürfnis national wie auch international sprunghaft. Der kräftige wirtschaftliche Aufschwung trieb die Anzahl Stellenausschreibungen im Eiltempo auf neue Rekordhöhen. Unternehmen aller Branchen benötigten auf einen Schlag deutlich mehr Personal, um die gestiegene Nachfrage bedienen zu können. Der erhöhte Personalbedarf wiederum liess die Arbeitslosenzahlen drastisch sinken. Während das SECO im September 2021 noch 120'294 Arbeitslose zählte, sank diese Zahl im September 2022 auf 89'526. Selbst Arbeitslosengruppen, welche üblicherweise eine längere Vermittlungsdauer aufweisen, wie 50-64-Jährigen (-25.6%) und Langzeitarbeitslose (-47%), profitierten vom Personaldurst der Unternehmen. Trotz dieser Erkenntnisse erstaunt die kräftige Zunahme des Fachkräftemangels.

Der Fachkräftemangel-Index der Adecco Gruppe Schweiz und des Stellenmarkt-Monitors Schweiz der Universität Zürich erreicht dieses Jahr einen Rekordwert von 155 Punkten; einen Wert, der bisher noch nie registriert wurde. Verglichen mit dem Jahr 2021 liegt der aktuelle Index ganze 68% höher. Zudem übersteigt er den Wert des Vorkrisenjahres 2019 um 21%. Ein Blick auf die Sprachregionen zeigt, dass sowohl die Deutschschweiz wie auch die lateinische Schweiz Rekordwerte erreichen, wobei der Fachkräftebedarf in der Deutschschweiz (+77%) deutlich stärker zugenommen hat als in der lateinischen Schweiz (+48%).

Der Wachstumsunterschied zwischen den Sprachregionen ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Deutschschweiz zu Beginn der Pandemie einen deutlich stärkeren Einbruch im Fachkräftebedarf erlitten hatte als die lateinische Schweiz. Somit besass der Deutschschweizer Arbeitsmarkt ein deutlich grösseres Aufholpotenzial, welches sich nun in einem stärkeren Aufschwung bemerkbar macht.

IT belegt Platzt zwei im Ranking

Den ersten Platz des Fachkräftemangel-Rankings belegen die Spezialisten in Gesundheitsberufen. Danach folgen bereits Entwickler und Analytikerinnen von Software und IT-Anwendungen (bspw. Informatikingenieure, Softwareentwicklerinnen oder Systemanalytiker). Ähnlich wie bei den Gesundheitsberufen, herrscht auch in dieser Berufsgruppe schon seit mehreren Jahren ein deutlicher Fachkräftemangel, der sich dieses Jahr erneut stark zuspitzt und einen Höchstwert erreicht. In den Ostschweizer Kantonen (AI, AR, GL, GR, SG, SH, TG) stieg die Zahl der ausgeschriebenen Stellen im November 2022 im Vergleich zum Vormonat um 0,9 % und im Vergleich zum Vorjahr (Nov. 2021 – Nov. 2022) um 10,5 %.

James Peck, Vice President von LHH Recruitment Solutions Schweiz stellt fest: «Vor allem Softwareentwickler mit Erfahrung in objektorientierten Programmiersprachen wie, Java oder C# und Front-End Softwareentwickler mit Kenntnissen von Angular oder React Frameworks werden zurzeit händeringend gesucht.» Etwas erstaunlich ist, dass die Berufsgruppe der Informations- und Kommunikationstechnikerinnen (bspw. Web Content Manager, Telematikerinnen oder E-Commerce Spezialisten) dieses Jahr elf Rangplätze verlieren. Dies, nachdem der Fachkräftebedarf dieser Berufsgruppe im Jahr 2021 schlagartig angestiegen war.

Yanik Kipfer vom Stellenmarkt-Monitor erklärt «Die Informations- und Kommunikationstechniker scheinen von dem coronabedingten gestiegenen Bedarf nach E-Commerce-Lösungen profitiert zu haben. Der E-Commerce-Boom scheint sich nun jedoch wieder zu normalisieren, wie von der Swiss Retail Federation festgestellt wird. Dies lässt auch die Nachfrage nach diesen Fachkräften stagnieren».

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