Wie ein kleines IT-Fachgeschäft den Grossen trotzt

Gabriel Calan war mit seinem Geschäft «Microstar Computer» einer der ersten Computerhändler der Ostschweiz und ist heute eines der wenigen, das als kleines Fachgeschäft in diesem Bereich überleben kann. Was ist sein Geheimnis?
Es gibt sie: Diese kleinen, unscheinbaren Läden, an denen man vorbeiläuft und sich unwillkürlich fragen muss «wie kann der überleben?». Ein Hutladen, ein Fachgeschäft für Nähmaschinen, eine Modeboutique, die nur Arbeitskleidung verkauft – oder eben ein Computerladen wie «Micorstar» an der Fürstenlandstrasse 158 im Westen der Stadt St.Gallen.
Betrieben wird Microstar seit 33 Jahren von Gabriel Calan. Im Jahr 1990, als man vom Internet noch nicht viel wissen wollte, eröffnete Calan seine erste Filiale und war damit praktisch der einzige Computerfachhändler in St.Gallen und Umgebung.
«Ich habe mich schon als Kind für Technik interessiert, hatte aber nur beschränkte Möglichkeiten, mir Wissen anzueignen», erzählt Calan. Der heute 60-jährige Aramäer, der in der Türkei geboren wurde, lebte mit seinen sechs Geschwistern und seinen Eltern in sehr bescheidenen Verhältnissen.
Vom Schneider zum Computer-Nerd
Mit 13 Jahren gelang es seinem Vater, ihn nach Deutschland zu seinem älteren Bruder zu schicken. «Dort sollte ich zur Schule gehen und meinen Wissensdurst endlich stillen können. Nach nur drei Monaten wurde meine Aufenthaltsbewilligung aber abgelehnt, weil ein Elternteil ebenfalls in Deutschland hätte sein müssen.» Zurück im kleinen Dorf im Südosten der Türkei, wo es ausser Feigenbäume und Bauernhöfen, nicht viel gab, bemühte sich Calan um Arbeit – und reiste mit nur 16 nach Istanbul und wurde Schneider.
Über ein paar Umwege landete er später in der Stickerei Schläpfer in St.Gallen. «Ich habe schnell gemerkt, dass ich lieber etwas Technisches machen möchte, anstatt Stoffe zusammenzunähen», sagt Calan und bringt das Schmunzeln fast nicht aus dem Gesicht, wenn er seine Geschichte erzählt. In nur drei Monaten krempelte er die ganze Administration der Textilfirma um und vereinfacht komplizierte Prozesse.

Computer für 10'000 Franken verkauft
1990 entschied er sich dann für den Schritt in die Selbstständigkeit. «Computer waren damals eine Weltneuheit und boomten, aber der Schweizer Markt war noch kaum erschlossen. Ich bestellte die Teile aus den USA und Taiwan und konfigurierte sie hier. Als ich die Computer in den Schaufenstern ausstellten, kamen Leute aus der ganzen Schweiz und wollten einen Blick darauf werfen», so Calan.
Der 60-Jährige erinnert sich, wie er einen Intel 80286 für 10'000 Franken verkauft hat. «Die Computer wurden damals hauptsächlich zur Adressverwaltung und Textverarbeitung genutzt und trotzdem zahlte man dafür mindestens 6000 Franken – das ist heute unvorstellbar.» Mit der Öffnung der Schweiz gegenüber dem IT-Markt passt Microstar seine Prozesse an und bestellt über die in der Schweiz ansässigen Lieferanten.
Die Jahrtausendwende markierte ebenfalls eine grosse Veränderung und die Nachfrage nach Computern scheint ungebremst. Es folgten vier weitere Filialen in der Ostschweiz. Calan spezialisiert sich neben dem Verkauf auch auf Support, Service und Problemlösungen. Doch mit der Digitalisierung und dem Online-Handel wächst das Angebot für Computer in der Ostschweiz rasant und damit auch die Konkurrenz.
Kunden schätzen seine Beratung
«Früher habe ich meine Preise vielleicht zweimal im Jahr angepasst, heute hat man quasi online stündlich neue Angebote.» Der St.Galler konzentriert sich auf sein Geschäft an der Fürstenlandstrasse und merkt: «Mit den Läden wie Mediamarkt und Digitec werde ich nicht konkurrieren können, aber die Kundschaft möchte professionell beraten werden und schätzt den persönlichen Umgang. Das ist mein Steckenpferd.»
Calan bildet sich stetig weiter, eignet sich noch mehr Fachwissen an, besucht Messen und knüpft Kontakte. Er baut auf Kundenwünsche spezielle Computer zusammen, betreut für KMU Server- und Netzwerksysteme sowie die gesamte Infrastruktur.
Microstar setzt auf PC-Systeme mit individueller Ausstattung, Softwarelösungen, IT-Hardware und hat das Online-Angebot ausgebaut. Auch Handyreparaturen werden angeboten, wie auf der neuen Website beschrieben und verfügt über ein Team von vier zusätzlichen Spezialisten, die auf vielfältige IT-Bereiche spezialisiert sind und ihre Fachkenntnisse einbringen.
«Mein Ziel war es nie, schnell gross und reich zu werden. Ich hatte einfach eine Faszination für Computer und wollte den Kunden, eine ehrlichen, fachmännischen und sauberen Service bieten. Vielleicht ist das mein Geheimnis», lacht Calan.
Text: Miryam Koc