«Digital-Projekte haben schon oft Schiffbruch erlitten.»

«Digital-Projekte haben schon oft Schiffbruch erlitten.»

Herr und Frau Schweizer haben die E-ID an der Urne mit über 64 Prozent Nein-Stimmen deutlich versenkt. Streitpunkt bei der Vorlage war vor allem die Aufgabe von Privaten bei der vorgeschlagenen E-ID-Lösung. east#digital wollte von Reto Scagnetti, Geschäftsleitungsmitglied der QuoVadis Trustlink Schweiz AG wissen, was das nun bedeutet und wie es weitergeht in Sachen E-ID.

Reto Scagnetti, Herr und Frau Schweizer haben sich gegen das E-ID-Gesetz ausgesprochen. Was bedeutet das nun?
Der Entscheid an der gestrigen Abstimmung über das E-ID Gesetz ist aus meiner Sicht eindeutig: Die Schweizer Bevölkerung wünscht sich eine sichere elektronische Identität, welche vollständig vom Staat herausgegeben und verwaltet wird.

Eine sichere elektronische Identität ist ein entscheidender Faktor für die Digitalisierung und damit für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Ich erwarte deshalb, dass sich die politischen Akteure rasch wieder an die Arbeit machen. Die unbestritten Teile der Vorlage sollen übernommen und mit einer staatlichen Ausgabe und Verwaltung der E-ID ergänzt und neu auf die Spur gebracht werden.

Gerät die offizielle Schweiz nun digital (noch) weiter ins Hintertreffen?
Es ist bedauernswert, dass wir nach mehr als zehn Jahren Diskussionen und mehreren Anläufen in der Schweiz noch immer keine E-ID nutzen können. Andererseits ist eine breite Akzeptanz einer sicheren E-ID in der Bevölkerung der wichtigste Erfolgsfaktor und entscheidet somit massgeblich über die rasche flächendeckende Verbreitung.

Basierend auf den bestehenden gesetzlichen Grundlagen, insbesondere dem Signaturen-Gesetz, haben sich erprobte und funktionierende digitale Geschäftsabläufe in der Schweiz auf tiefem Niveau etabliert. Überall dort, wo offensichtliche wirtschaftliche Vorteile vorhanden sind, wird sich die Digitalisierung auch so weiter ausbreiten. Ein breiter Einbezug von Herr und Frau Schweizer in der Digitalisierung ist jedoch in den nächsten Jahren nun kaum zu erwarten.

Den Gegnern fehlte offenbar das Vertrauen in private Anbieter. Dies, obschon der Staat schon mehrfach bewiesen hat, dass er mit digitalen Projekten seine liebe Mühe hat. Wie erklären Sie sich diese ablehnende Haltung gegenüber Privaten?
Sowohl der Staat als auch die Wirtschaft haben mit Digitalisierungs-Projekten schon oft Schiffbruch erlitten. Dies liegt in der Natur von neuen Technologien und lässt sich nicht vermeiden.

Die ablehnende Haltung zum jetzigen E-ID Gesetz hat aus meiner Sicht hauptsächlich mit dem in den letzten Jahren stark gewachsenem Risiko-Bewusstsein für den Umgang mit (sensiblen) digitalen Daten zu tun. Die globale Wirtschaft ist hier in den letzten Jahren eindeutig überbordet. In diesem Sinne kann das Abstimmungsresultat ja auch als Bestätigung für eine reifere, digital affine Schweizer Bevölkerung interpretiert werden.

Die Gegner sind nicht grundsätzlich gegen eine E-ID, sie soll aber ausschliesslich vom Staat herausgegeben und verwaltet werden. Werden wir in den nächsten zehn Jahren eine E-ID haben, wenn der Staat alleine dafür verantwortlich ist?
Darüber besteht kein Zweifel! Die Vorteile der Digitalisierung sind offenkundig und werden sowohl von der Verwaltung als auch von der Bevölkerung breit getragen.

QuoVadis ist eine internationale Zertifizierungsdienstanbieterin, u.a. bietet sie auch Zertifikate für die Suisse ID an. Welches sind die Unterschiede zwischen der Suisse ID und der E-ID?
Es ist korrekt, dass wir als QuoVadis das Nachfolgeprodukt der Suisse ID – unseren QuoVadis Signing Service (QVSS) – erfolgreich im Schweizer Markt bei Geschäftskunden etablieren konnten. Der QVSS fokussiert auf die qualifizierte Signatur gemäss schweizerischem Zertifikatsgesetz; das heisst er ermöglicht eine der Handunterschrift gesetzlich gleichgestellte vollständig digitalen Signatur. Er bietet daher einen, wie bereits erwähnten, offensichtlichen wirtschaftlichen Vorteil. Dieser Vorteil ist bei einer reinen E-ID, welche sich auf das Login fokussiert, schwieriger zu vermitteln.

Könnte jetzt nicht die einfach Suisse ID ausgebaut und quasi zu einer E-ID gemacht werden?
Technisch ja, aber der Erfolg wäre mehr als ungewiss. Wie ausgeführt, ist die breite Akzeptanz der Bevölkerung entscheiden für die rasche Verbreitung einer E-ID. Wie das Stimmvolk entschieden hat, wird nur eine Lösung akzeptiert, bei welcher der Staat sowohl die Ausgabe als auch die Verwaltung vollständig übernimm.

Zur Person

Reto Scagnetti, seit Februar 2016 Head of Sales Schweiz und Geschäftsleitungsmitglied, leitet seit dem 01.01.2018 als Country Manager die Geschäfte von QuoVadis Trustlink Schweiz AG mit Sitz in St.Gallen.

Scagnetti ist Elektroingenieur mit betriebswirtschaftlicher Weiterbildung mit über 20 Jahren operativer und strategischer Führungserfahrung im IT-Dienstleistungsumfeld. Die Digitalisierung und das Bewegen in hochregulierten Bereichen, wie Blaulichtorganisationen, dem Gesundheitswesen und nun bei digitalen Signaturen zieht sich als roter Faden durch seinen Lebenslauf.

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