Die Blockchain einfach erklärt

Die Blockchain einfach erklärt
BVS St.Gallen / Ivo  Zähnler
Ivo Zähnler

BVS St.Gallen

www.bvs.ch

Manche sagen, dass die Blockchain Technologie die beste Erfindung seit dem Internet ist! Dieser Blogbeitrag soll auf einfache Art und Weise erklären, warum diese Aussage durchaus stimmen könnte.

Eine sehr gute Erklärung zu dieser neuartigen und für viele noch unverständliche Technologie bietet uns folgendes Beispiel:

Stellt euch vor, zwei Personen – sagen wir du und ich – wetten miteinander um 50 Franken, ob es in einer Woche regnen wird oder nicht. Heutzutage haben wir drei Möglichkeiten, um sicherzustellen, dass die Wette – ob gewonnen oder verloren – von beiden Parteien eingehalten wird.

1. Wir vertrauen einander ganz einfach. Dies ist ein relativ guter Weg, um sicherzustellen, dass die Wette auch eingehalten wird, wenn wir miteinander befreundet sind. Handelt es sich dabei jedoch um zwei unbekannte Parteien, ist dies wohl eher eine Wette, welche die meisten Menschen nicht eingehen würden, da bei dieser Variante das Risiko bestände, dass sich eine der Parteien nicht an die Abmachungen halten und die Wettschulden nicht begleichen würde.

2. Wir können einen Vertrag aufsetzen, welcher die Verpflichtung und den Wetteinsatz der beiden Parteien festhält. Falls jedoch einer der beiden Vertragspartner die Regeln nicht einhält – also die verlorene Wette nicht begleichen will – muss in diesem Fall der Gewinner zusätzlich die Kosten für das Rechtsverfahren vorschiessen. Zudem kann das Gerichtsverfahren sehr strapazierend sein und lange dauern – wer will das schon?

3. Oder wir hätten die Möglichkeit, eine dritte Person mit ins Boot zu holen. Dieser würden wir unsere Wetteinsätze geben, bis die Wette entschieden ist. Doch wer garantiert uns, dass sich diese Person mit unseren Einsätzen nicht einfach aus dem Staub macht? Also wohl doch lieber Variante eins oder zwei?

Folglich kommen wir zur Erkenntnis, dass wir Fremden nicht ohne weiteres vertrauen können und auch nicht die Zeit und das Geld für eine vertragliche Regelung aufbringen wollen. Nun könnte an dieser Stelle die Blockchain Technologie zum Einsatz kommen, denn diese bietet uns die Möglichkeit einer sicheren, schnellen und günstigen Lösung.

Mit der Blockchain ist es uns möglich, dass beide Parteien den Wetteinsatz an ein auf der Blockchain Technologie basierendes Programm senden. Dieses Programm verwahrt die Wetteinsätze und kontrolliert am Stichtag die zuvor definierten Datenquellen, ob es nun geregnet hat oder nicht und sendet dementsprechend den Gewinn an die Partei, welche die Wette gewonnen hat.

Während des gesamten Wettprozesses ist es beiden Parteien möglich, die Bewegungen der Wetteinsätze nachzuverfolgen. Des Weiteren kann, sobald das Geld einbezahlt wurde, die Wette weder verändert noch gestoppt werden.

Für eine einfache Wette könnte dieser Prozess etwas übertrieben erscheinen – für den Verkauf eines Kunstwerks oder eines Juwels jedoch ganz und gar nicht. Oder was denken Sie?

Aufbau der Technologie

Oftmals wird die Blockchain Technologie in Verbindung mit dem Bitcoin gebracht. Dies ist durchaus nachvollziehbar, denn der Bitcoin ist eine digitale Kryptowährung, welche den Währungstransfer zwischen zwei Personen ermöglicht und dies vollkommen ohne Bank oder einen materiellen Gegenwert als Tauschmittel. Somit war dies eine revolutionäre Erfindung, welche das Wort «Blockchain» in aller Munde brachte. Mit der Blockchain Technologie ist jedoch noch einiges mehr möglich, als Kryptowährungen darauf aufbauend zu programmieren. Wie die Technologie zusammengesetzt ist und wie diese im Detail funktioniert, soll uns folgende Grafik zeigen.

Blockchain_1
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Das Konzept
Als Distributed Ledger oder verteiltes Kontenbuch wird eine dezentrale Datenbank bezeichnet, die Teilnehmern eines Netzwerks eine gemeinsame Schreib- und Leseberechtigung erlaubt. Dies ist eine spezielle Form der Datenverarbeitung und -speicherung. Es wird keine zentrale Instanz benötigt. Neu angelegte Datensätze können nicht mehr verändert werden und sind auf allen Rechnern in den identischen Blöcken gespeichert, somit ist kaum eine Manipulation der Daten möglich. Des Weiteren können die Teilnehmer, welche Zugriff auf die Daten haben, diese jederzeit erweitern.

Das System
Als System zur Umsetzung des Konzepts und als Grundlage für das auf dem System aufbauende Protokoll, ist ein verteiltes Datenmanagementsystem nötig. In diesem spezifischen Fall sprechen wir von einem «Peer to Peer» System, dies bedeutet, dass die Daten, welche zwischen zwei Parteien hin und her gesendet werden, direkt von einem Punkt zum anderen gelangen, ohne eine Drittpartei. Stellen Sie sich vor, dass Sie eine Geldtransaktion direkt von Ihnen zu einem Geschäftspartner tätigen. Im Normalfall wäre hierzu eine Bank als Intermediär nötig. Die Bank entfällt jedoch in diesem System, da wir durch die Verschlüsselung der Daten sicher sein können, von wem das Geld kommt und wohin dieses geht.

Das Protokoll – Die Blockchain
Nun kommen wir zu der eigentlichen Technologie, welche sehr interessant ist und grosses Potential hat – die Blockchain. Die Blockchain kann man sich als eine Kette von digitalen Datenblöcken vorstellen. Diese Kette wächst Block für Block immer weiter.

In jedem Block sind Transaktionen zusammengefasst – also alle möglichen Daten, welche unverändert von einem Punkt zum anderen transferiert werden, wie etwa bei einem Währungstransfer.

Das Besondere daran ist, dass die Datenketten auf einer Vielzahl dezentraler Rechner gespeichert werden. Auf jedem Rechner sind dieselben Datenketten mit denselben komplexen Informationen. Wer einen Datenblock verändern wollen würde, würde scheitern, da sich alle Ketten gegenseitig überwachen. Die manipulierte Kette wird automatisch ausgeschlossen, die anderen arbeiten jedoch weiter. Das System ist transparent, sicher und unveränderbar.

Eine der ersten Anwendungen der Blockchain Technologie – welche auch den Hype um die ganze Blockchain verursacht hat – ist der Bitcoin. Der Bitcoin ist die erste Kryptowährung, welche 2008 auf dem Markt erschienen ist. Der Entwickler dieser Technologie trägt den Namen «Satoshi Nakamoto». Bis heute ist nicht bekannt, wer sich hinter diesem Namen verbirgt. Es sind jedoch unzählige andere Anwendungsmöglichkeiten denkbar. Heutzutage zeigen Unternehmen in diversen Bereichen Interesse an der Blockchain Technologie, wie etwa die Finanzwelt, Energiewirtschaft, Logistik, Versicherungsgesellschaften, Personalvermittler usw.

Doch die Technologie macht nicht nur von sich reden durch die fast 100 prozentige Sicherheit der Daten, welche versendet werden, sondern es können auch komplexe Abhandlungen mittels «Smart Contract» in die Blockchain programmiert werden. Somit sind viele Arbeitsschritte, welche durch Menschenhand erledigt werden, hinfällig. Denn mit dem spezifisch programmierten «Smart Contract» sind Schritte, wie etwa Empfangsbestätigung und Zahlung bei einem Warenempfang, bereits definiert und werden automatisch durch das System ausgelöst. Dadurch bietet die Blockchain Technologie eine enorme Verbesserung des Workflows.

„Smart Contracts“ sind also auf der Blockchain Technologie aufgebaute Programme. Diese sind mit einem «wenn-dann» Muster codiert, welche festgelegte Abläufe zur Erfüllung einzelner Prozesse enthalten. Dies kann man sich vorstellen, wie ein Vertrag mit diversen Punkten, welche zur Vertragserfüllung eingehalten werden müssen. Das Ganze funktioniert selbstverständlich vollkommen automatisch. Somit sind diverse menschliche Aufwendungen hinfällig.

Es existieren verschiedene Arten des Blockchain Protokolls. Diese unterscheiden sich durch die Berechtigung bezüglich der Erweiterung der Daten und der Befugnis, diese Daten zu lesen.

  • Die öffentliche Blockchain ist für jeden zugänglich. Es können sich alle ohne Einschränkungen an diesem Netzwerk beteiligen, die Software wird auf dem eigenen Rechner installiert und man erhält die Rechte zum Schreiben, Lesen und Verifizieren. Da keine Kontrolle durch eine Person oder Gruppe vorliegt, wird die Entscheidungsfindung und Verifizierung durch verschiedene Mechanismen erzielt. Beispiele für eine öffentliche Blockchain ist der Bitcoin.
  • Die private Blockchain steht nur bestimmten Personen zur Verfügung. Hier gibt es einen oder mehrere Verantwortliche, die bestimmen, wer Zugang zu welchen Daten hat und welche Aktionen ausgeführt werden dürfen. Geeignet ist diese Art von Blockchain für Unternehmen, da diese ihre Daten meistens nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen wollen und die Kontrolle über die internen Aktivitäten im Unternehmen bleibt.
  • Die hybride Blockchain setzt sich aus der öffentlichen und privaten Blockchain zusammen. Ein Konsortium teilt sich die Entscheidungsgewalt über die Verifikationen von der Verteilung der Leserechte von Transaktionen. Die Kontrolle wird dadurch festgelegt, dass eine definierte Anzahl der Beteiligten die jeweiligen Entscheidungen bewilligt. Dadurch wird eine schnelle Abwicklung von Transaktionen garantiert und Fehlentscheidungen oder betrügerische Aktivitäten einzelner Teilnehmer können verhindert werden.

Die Anwendung
Aufgebaut auf dem Protokoll können nun diverse Anwendungen realisiert werden, wie unter anderem in den Bereichen der Vermögensverwaltung, Aktienhandel, Warenhandel, Verkauf von Immobilien und vieles mehr. Es gibt fast keinen Bereich, welcher nicht durch die Anwendungen der Blockchain revolutioniert werden kann.

Anwendungsbeispiele der Blockchain im täglichen Leben

Ein LKW fährt mit seiner Ladung von einem Kunden zum nächsten. Dabei wird bei jedem Kunden seine Ladung gescannt. Jedes Mal, wenn Produkte aus der Ladung genommen werden, wird dies direkt mittels beispielsweise der RFID-Technologie erkannt. Den Produzenten der entnommenen Güter wird sofort – mittels Blockchain Technologie mit implementiertem „Smart Contract“ – die Zahlung gutgeschrieben. Gleichzeitig wird dem Kunden das Lager automatisch mit den neu erhaltenen Gütern angepasst.

Man fährt in der Innenstadt und ist auf der Suche nach einem Parkplatz. Das Auto navigiert Sie automatisch zum nächstgelegenen Parkplatz. Hierbei wird wieder mittels der Blockchain Technologie mit implementiertem „Smart Contract“ ein Ablauf gestartet. Der Parkplatz wird automatisch vom Auto ausgewählt und angezahlt. Dadurch wird der gewünschte Parkplatz spezifisch für das Auto reserviert. Bei Ankunft beim Parkplatz wird dieser freigegeben und die restlichen Parkgebühren werden direkt an das Parksystem bezahlt. Die Geldtransaktion läuft somit komplett ohne dritte Partei ab. Zudem hat der Fahrzeuglenker keinerlei Bemühungen.

Prozessoptimierung durch die Blockchain

Es ist keine so imposante und aufmerksamkeitserregende Erfindung wie das Internet, denn das was durch die Blockchain verändert wird, geschieht vor allem im Hintergrund, hat jedoch enorme Tragweite für die Optimierung von Prozessabläufen. Diverse Kontrollstellen können ausgeklammert werden und sind somit überflüssig. Durch diese Zeiteinsparung kann sich ein Unternehmen voll und ganz auf die wirtschaftlichen Unternehmenstätigkeiten konzentrieren. Alles andere macht die Blockchain.

Anhand dieser Grafik soll aufgezeigt werden, wie eine Überweisung von Kunde A zu Kunde B über die Bank mittels Blockchain Technologie optimiert werden kann. Aus Sicht des Kunden, ändert sich nicht viel. Im internen Bankprozess können aber diverse Arbeitsschritte eingespart werden. Dies vor allem in den Bereichen, in welchen etwas geprüft oder kontrolliert werden muss, aufgrund der vorhandenen Daten. Dadurch, dass die Kunden eine Sende- und Empfangsadresse haben, welche auf der Blockchain hinterlegt wurde und somit unveränderbar ist, kann sichergestellt werden, von wem das Geld kommt und wohin dieses geht.

Blockchain_2
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Hier wird klar, dass die Vereinfachung durch den direkten Transfer zwischen den Kunden, mittels einer sicheren und stark verschlüsselten «Peer to Peer» Lösung, alle Kontrollinstrumente der Bank hinfällig werden lässt. Der Prozess kann viel schneller abgehandelt werden. Die Banken agieren nur noch als Vermittler zwischen den Kunden.

Oftmals werden solche Automatisierungen von Prozessen als „Job-Killer“ bezeichnet. Dies sollte man jedoch besser als eine Chance sehen. Dadurch, dass wir nicht alle Tätigkeiten selbst vornehmen müssen, erhalten wir mehr Zeit. Diese Zeit können wir für unsere Kreativität und die Selbstverwirklichung nutzen.

Vorteile der Blockchain-Technologie

  • Die volle Kontrolle des eigenen Vermögens liegt bei einem selbst; keine dritte Partei verwaltet Ihr Vermögen oder kann den Zugang dazu limitieren.
  • Die Transaktionskosten jeglicher Währung sind sehr tief. Dies ermöglicht die Transaktion von kleinen Geldmengen.
  • Transaktionen werden in wenigen Minuten durchgeführt, egal wo auf der Welt der Sender und Empfänger sind.
  • Jeder kann zu jederzeit jede einzelne Transaktion auf der Welt einsehen und kontrollieren. Dies führt zu totaler Transparenz.
  • Mit der Blockchain Technologie können dezentrale Anwendungen erstellt werden, mit denen Informationen und Werte schnell und sicher transferiert werden können.
  • Verhinderung der Verbreitungen von Pandemien (Covid-19 Virus im Jahr 2020) durch voll und ganz bargeldlose Zahlungen.

Herausforderungen für die Blockchain-Technologie

Nichts desto trotz gibt es noch einige Herausforderungen im Zusammenhang mit der Blockchain, welche in der Zukunft angegangen werden müssen.

  • Transaktionen können anonym versendet und empfangen werden. Somit können illegale Aktivitäten verschleiert werden.
  • Die Technologie ist noch nicht so verbreitet, dass sie im täglichen Leben aktiv genutzt wird (Kauf von materiellen Werten durch Kryptowährungen).
  • Hohe Investitionen, welche bereits in die Technologie getätigt wurden.

Die Technologie ist noch immer sehr neu und für viele unverständlich. Darüber hinaus werden selbst in eingeschworenen Blockchain Kreisen immer wieder Stimmen laut, welche sich über das Potentail der Technologie kritisch äussern. Dabei wird oft die Komplexität des Protokolls und deren Anwendungen angeprangert. Des Weiteren sind die Investitionen in die Technologie bereits enorm und der daraus resultierende Output ist bei weitem nicht so hoch wie erwartet.

Man sollte jedoch gegenüber der Entwicklung und der dafür benötigten Zeit – gerade bei so etwas Komplexem wie der Blockchain – nicht voreilig urteilen. Denn wie sagt man so schön; „Den Mutigen gehört die Welt!“

Fazit

Das Blockchain Protokoll und die Anwendungen, welche damit möglich sind, haben eindeutig noch viele Chancen aber auch Risiken. Durchaus könnte die Finanzwelt revolutioniert werden, da keine Intermediäre mehr nötig wären. Das könnte zu einer globalen Kräfteverhältnisveränderung führen und somit einigen Menschen eine neue Perspektive bieten, wie sie die Welt sehen. Wie der allgemeine Volksmund weiss, führt Veränderung zu Kreativität. Es wäre also möglich, dass solch eine weitreichende Veränderung viele neue Innovationen hervorbringen könnte.

Ich hoffe, Sie zum Nachdenken gebracht zu haben. Denn wer weiss, was die Zukunft bringt?!

Quellenverzeichnis

J. Metzger – wirtschaftslexikon.gabler.de «Distributed Ledger Technologie (DLT)»
https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/distributed-ledger-technologie-dlt-54410

T. Candido – Medium.com «A Technical Introduction to Blockchain» (23. April 2020)
https://medium.com/better-programming/a-technical-introduction-to-blockchain-22ab05308151

T. Key – Levelup.gitconnected.com «The Difference Between Cryptocurrency and Blockchain» (8. April 2020) https://levelup.gitconnected.com/the-difference-between-cryptocurrency-and-blockchain-1d8c27282943

T. Weldmann – t3n.de «McKinsey fällt ein vernichtendes Urteil über die Blockchain-Technologie»
https://t3n.de/news/mckinsey-faellt-ein-vernichtendes-urteil-ueber-die-blockchain-technologie-1139050/

R. Heines - Business Engineering Institute St. Gallen Dossier Blockchain und DLT_Lektion II_20200519 von Herr Roger Heines   Quellennachweis Bilder R. Heines - Business Engineering Institute St. Gallen Dossier Blockchain und DLT_Lektion II_20200519 von Herr Roger Heines
https://cdn.pixabay.com/photo/2017/12/29/10/01/block-chain-3047153_960_720.jpg

Ivo Zähnler, der Autor dieses Berichts, ist Student des Nachdiplomstudiengangs «Dipl. Digital Innovation Manager NDS HF» der Höheren Fachschule des Bildungszentrums BVS St. Gallen.

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