NFT: Mit Pixeln Millionen verdienen

Der Hype um «Non-fungible Token» (NFT) ist derzeit gross. Im ersten Quartal 2021 wurde digitale Kunst im Wert von zirka 1,85 Milliarden Franken verkauft. Doch was steckt hinter der Kryptokunst? Was hat das mit Affen zu tun? Und was hält ein St.Galler Künstler davon?
Jeder Künstler träumt wohl davon, mit seinen Werken Geld zu verdienen und davon zu leben. Doch besonders digitalen Künstlern fällt das schwer, denn schliesslich kann man im Internet alles – auch wenn illegal – herunterladen und kopieren. Wieso sollten Menschen also Geld für Grafiken ausgeben, wenn man sie auch einfach screenshoten kann? Um diesem digitalen Kunstraub entgegenzuwirken, gibt es «Non-fungible Token» (NFT) – oder «nicht austauschbare Marke» auf Deutsch.
Diese NFTs können eine gute Möglichkeit sein, als digitaler Künstler Geld zu verdienen. Teilweise werden NFTs für Millionen von Dollar gehandelt. Auch der St.Galler Künstler Dominik Rüegg – auch bekannt als «Drü Egg» – spielt immer wieder mit dem Gedanken, seine Werke auf eine NFT-Plattform hochzuladen. Entschieden habe er sich aber noch nicht, wie er erzählt. Doch was sind NFT überhaupt? Und was bedeuten sie für die Kunst der Zukunft?
Enormer Hype
Die ersten NFTs wurden bereits 2021 erstellt, seit 2017 kommt der Handel so richtig ins Rollen. Die «Tokens» sind Teil einer sogenannten Blockchain und quasi virtuelle Jetons, die gehandelt werden. Wenn man nun sein Kunstwerk auf einer NFT-Plattform wie «OpenSea» hochlädt, wird das Kunstwerk mit einem Token auf der Ethereum-Blockchain verschweisst. Das Besondere an dieser Blockchain ist, dass die Tokens auch Daten speichern können, wobei die Gebühren mit der Dateigrösse steigen.
Erwirbt man nun dieses NFT, ist man nachweislich der Eigentümer dieses Kunstwerks. Die Transaktionen der NFTs sind öffentlich einsehbar und somit ist es fälschungssicher nachweisbar, wer der aktuelle Eigentümer eines NFTs ist. Aber es gibt ein Problem: In den meisten Fällen kauft man nicht die Bild-Datei, sondern lediglich den Hyperlink zu dieser Datei.

Anders erklärt: Man kauft eine Wegbeschreibung (Hyperlink) zum Vadian Denkmal (Kunstwerk). Würde die Datei entfernt werden – indem zum Beispiel die Hostingfirma des Servers, auf dem sich die Datei befindet, ihren Service einstellt – bleibt man auf dem Link sitzen. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass das Bild einfach ausgetauscht wird oder dass mehrere verschiedene Links auf dieselbe Datei führen. Kurz gesagt: Mit dem Kauf eines NFT erhält man in den meisten Fällen keine Exklusiv- oder Lizenzrechte, sondern lediglich einen Beleg, dass man Eigentümer des Links zum Kunstwerk ist. Jedoch gibt es auch ein paar wenige Künstler, die mit dem Kauf eines NFT gewisse Boni – wie zum Beispiel eine hochaufgelöste Datei – mitgeben.
Moderner Kunstraub
So wie es Fake-Profile in den sozialen Medien existieren, so gibt es auch Fake-Profile auf den diversen NFT-Plattformen. Es gibt mehrere Fälle, in denen die Bilder von grossen digitalen Künstlern von fremden Personen an die Blockchain genagelt werden. Und sind sie einmal in der Blockchain, bleiben sie auch dort – zumindest der Token. Das Einzige, was entfernt werden kann, ist die Grafik auf dem Server, zu dem der Link führt. So kam es, dass einige Betrugs-Opfer jetzt auf einem leeren Link sitzen und mehrere Künstler ihre Bilder in den sozialen Medien löschten, damit diese nicht weiter gestohlen werden.
Zumindest wurde der St.Galler Künstler «Drü Egg» noch nicht Opfer eines digitalen Kunstraubs – jedenfalls nicht, dass er es wüsste. «Copyright im gestalterischen Bereich ist so eine Sache für sich. Klar besteht die Gefahr, dass jemand meine Arbeiten in irgendeiner Art nutzt, jedoch ist dies für mich sehr schwer herauszufinden. Manchmal will man besser gar nicht wissen, wo die eigenen Designs sonst noch gebraucht werden.»

Absurde Summen für Comic-Affen
Wer sich dennoch entscheidet, so einen digitalen Token zu kaufen, sollte nicht erstaunt sein, dass man auf den gängigen Seiten seltene Kunstwerke für enorm hohe Summen findet. Die momentanen Top-Kollektionen auf «OpenSea» sind grösstenteils computergeneriert und umfassen teilweise 10'000 Bilder.
Am bekanntesten sind wahrscheinlich die Affen des «Bored Ape Yacht Club». Die Comic-Affen gelten als Sinnbild für aktuelle Blockchain-Kunst und so besitzen mittlerweile viele Superstars so einen NFT. Eminem hat für 123,45 Ether, also rund 462.000 Dollar, ein gezeichnetes NFT des «gelangweilten Affen» mit der Nummer 9055 gekauft. Justin Bieber gibt sogar 1,3 Millionen Dollar für ein neues Profilbild aus. Das billigste Affen-Bild kostet 98 Ether (ETH), was umgerechnet etwa 280'000 Franken sind.
Kantonswappen für knapp 30'000 Franken
Als wäre das nicht verrückt genug, gibt es beispielsweise auch NFTs in Form eines schwarzen Bildes mit weissem Text auf dem sogenannte «Abenteuer-Gegenstände» aufgelistet sind. «Bilder und andere Funktionen werden absichtlich weggelassen, damit andere diese interpretieren können», wie die Anbieter dieser NFTs schreiben. Verkauft werden diese für umgerechnet für etwa 8595 Franken. Ebenfalls findet man auf «OpenSea» das St.Galler Kantonswappen für knapp 30'000 Franken.
Ob die teuer verkauften computergenerierten Bilder noch Kunst sind, ist für den St.Galler Künstler eine schwierige Frage. «Was ist Kunst? Wer macht Kunst? Wann wird etwas Kunst? Meiner Meinung nach können auch generativ entstandene Bilder vom Betrachter zu Kunst gemacht werden oder wie im Fall der NFTs durch Spekulanten. Das künstlerische Können steht meiner Meinung nach leider oft nicht im Vordergrund bei NFTs.»

Grund dafür, dass solche generierten «Kunstwerke» so teuer verkauft werden, ist, dass diese momentan gehyped werden. Viele kaufen diese NFTs in der Hoffnung, sie später für mehr Geld zu verkaufen. Beworben wird dies durch Promis und Influencer, die sogar NFT-Gewinnspiele veranstalten.
«Geld für professionellen Content ist sinnvoll»
Bedeutet die ganze NFT-Geschichte ein Wandel für die Kunstszene? Rüegg glaubt nicht: «Sicherlich befassen sich gerade viele mit diesem Thema. Ich denke aber nicht, dass man es als Wandel in der Kunstszene ansehen kann. Das Internet war mit Social Media eh schon ein grosser Teil der Kunstszene. Auch die Idee, für digitalen Content Geld zu verlangen, gab es schon mit Plattformen wie «Onlyfans» und so weiter. Dass für professionellen Content etwas bezahlt wird, macht in meinen Augen Sinn.»
Dennoch: Die Technologie hinter NFT ist vielversprechend. Künftig könnte sie zum Beispiel als Echtheitsnachweis für Musik oder Tickets genutzt werden. Doch wie genau die Entwicklung erfolgt, wird sich erst mit der Zeit zeigen.
pez
Mehr zum Thema Krypro-Kunst
Am 24. Februar 2022 findet im Tibits in St.Gallen das east#digital Breakfast zum Thema Krypto-Kunst statt. Pascal Egloff und Daniela Filippelli werden spannende Einblicke ins Thema bieten. Weil Corona-bedingt am Veranstaltungsort nur 50 Personen zugelassen sind, sind alle Plätze bereits ausgebucht. Die Veranstaltung wird deshalb neu auch als Live-Stream übertragen. Eine Anmeldung für den Live-Stream ist nicht notwendig.
Am 24. Februar wird der Stream auf folgender Seite aufgeschaltet: https://www.east-digital-breakfast.ch/24-02-22-krypto-kunst/
