Kölliker nimmt die Privatwirtschaft in die Pflicht

Kölliker nimmt die Privatwirtschaft in die Pflicht

Vor zwei Jahren eröffnete in St.Gallen der Smartfeld ICT-Campus. Am Tag der offenen Tür konnten die jugendlichen ICT-Talente den Vertretern aus Wirtschaft und Bildung zeigen, was sie seither gelernt haben. Bildungsdirektor Stefan Kölliker betonte die Wichtigkeit dieses Projekts.

Rund 70 Personen fanden sich am vergangenen Samstag ein, um die teils aussergewöhnlichen Projekte der ICT-Scouts zu bestaunen, wie beispielsweise ein Kürbis-Klavier oder Lego-Roboter. Roger Wüthrich-Hasenböhler, CDO der Swisscom stach vor allem der hohe Mädchenanteil ins Auge. Er fand es auch «total cool», wie die Jungen den Alten erklärten, wie alles funktioniert. «Die Jugendlichen waren voll mit ihrer Arbeit beschäftigt und liessen sich von uns nicht ablenken», schwärmte OST-Professorin Pascale Baer-Baldauf.

Nachhaltige Nachwuchsförderung

Etwas weniger verspielt ging es dann in der anschliessenden Podiumsdiskussion weiter, in der der Frage nachgegangen wurde, wie man Nachwuchsförderung nachhaltig finanzieren kann. Allgemein haben es Förderprogramme aufgrund des langfristigen Return on Investment immer schwer. Dieser kann, je nach Altersstufe der Geförderten und dem geforderten Ausbildungsgrad der Wirtschaft, zwischen 5 und 15 Jahren liegen. Das Geld wird aber sofort benötigt. Da erstaunt es nicht, dass der Staat zur Kasse gebeten wird, während dieser die Verantwortung bei den späteren Nutzniessern sieht. In einem war man sich aber einig: es muss unbedingt weitergehen. «Das Projekt darf nicht sterben», betonte der St.Galler Bildungsdirektor Stefan Kölliker in der Diskussion eindrücklich.

Swisscom-CDO Roger Wüthrich-Hasenböhler mahnte, dass der Gründer des ICT-Scouts und Campus Fördervereins, Rolf Schaub, konstant und zu sehr mit der Geldsuche beschäftigt sei. Die Swisscom habe von Beginn weg an den ICT-Campus geglaubt und darin investiert. Er würde sich aber schon wünschen, dass der Staat einen gewissen Beitrag dazu leistet. Der angesprochene Bildungsdirektor konterte: «Es kann nicht sein, dass der Staat alles finanzieren soll. Wir haben mit der IT-Bildungsoffensive vieles lanciert und die Wirtschaft mit an Bord genommen, und ich muss nun ganz klar den Ball ein Stück weitergeben an die Wirtschaft.»

«Es lohnt sich, man muss in dieser Thematik langfristig denken», sagte Pascale Baer-Baldauff und Yvonne Seitz, HR-Chefin bei Abacus bestätigte kurz und knapp: «Wir investieren bereits.»

Es braucht mehr Unterstützer

Bislang ist Abacus der einzige grosse Sponsor des Projekts. Damit der Smartfeld ICT Campus aber auch in einem Jahr noch besteht, braucht es mindestens drei weitere solcher Sponsoren, plus viele weitere zahlende Mitglieder, wie aktuell Leica Geosystems, Merkle Schweiz, Raiffeisen Schweiz, EGELI Informatik AG, Smartfeld, IFP Informatik AG, EMPA und die HSG. Mitglieder geniessen den Vorteil, dass sie direkt im ICT-Campus Nachwuchs rekrutieren können.

Für Roger Wüthrich-Hasenböhler ist deshalb klar: «Es braucht ein Modell, in dem der Staat und die Wirtschaft das miteinander aufbauen und auch zusammen sicherstellen, damit es nachhaltig finanziert wird.» Den Schlüssel zum Erfolg sieht Wüthrich-Hasenböhler im «Urner Modell». Der Kanton Uri hat beschlossen, die ICT-Scouts in alle Sekundarklassen zu schicken und die Kosten dafür zu übernehmen. Die Kosten für den anschliessenden ICT-Campus übernimmt die Wirtschaft. So sind die Kosten nach dem Nutzniesserprinzip aufgeteilt. Es sei ein pragmatischer Kurs der kleinen Schritte, die in jedes Budget passen. «Wenn wir in Zukunft wettbewerbsfähig sein wollen, dann müssen wir uns ein wenig aus dem Fenster lehnen.» In China kämen pro Jahr eine Million ICT Fachkräfte auf den Markt, die ETH brächte es gerade mal auf 1000. «Dass die Wirtschaft diese Leistung dringend braucht, steht ausser Frage», so Wüthrich-Hasenböhler.

Optimale Ergänzung

Für den St.Galler Bildungsdirektor Stefan Kölliker ist die gegenseitige Ergänzung von Schule und privaten Initiativen optimal: «Die Schule kann nicht alles leisten, sie hat einen sehr vielfältigen Auftrag. Darum bin ich enorm erfreut über dieses Projekt. Dieses Modell, wo die Schule den Zugang zu den Schülerinnen und Schülern geben kann, der Rest dann aber ausserhalb des Schulunterrichts stattfindet, ist hervorragend.»

«Wenn wir das nicht hinkriegen, dann gibt es am Schluss einfach ein weiteres Projekt, dass alle gut finden, aber niemand tragen will», mahnte Wüthrich-Hasenböhler. «Das Modell ist bestechend, es ist hervorragend. Wir müssen uns vereint, in welcher Funktion auch immer, Mühe geben, dass das weiter geführt wird, das ist extrem wichtig», betonte Stefan Kölliker abschliessend.

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