«Wir wollen unseren eigenen Satelliten im Orbit haben»
Die Appenzeller SatSure AG verkauft ihren Kunden «Entscheidungsintelligenz aus dem Weltall». Was das genau bedeutet und wer davon profitieren kann, erklärt VR-Präsident Roger Moser.
Wann und wie ist die Idee zur Firmengründung entstanden?
Roger Moser: Im Jahr 2017 haben sich mein Geschaeftspartner Abhishek Raju und unser jetztiger CEO, Prateep Basu, das erste Mal zusammengesetzt und darüber nachgedacht, wie man Cloud Technologien, Machine Learning und die Entwicklungen im New Space Sektor kombinieren könnte, um Unternehmen in Indien bei verschiedenen Entscheidungsproblemen im ländlichen Raum zu unterstützen. Ich kam dann ca. 4 Monate später dazu und musste erst mal viel über den New-Space-Sektor lernen. Als wir alle sicher waren, dass es genügend Marktpotenzial und vor allem eine konkrete Nachfrage gibt, gründeten wir 2018 die SatSure AG mit dem Ziel ein internationales Unternehmen aus der Schweiz heraus zu entwickeln.
Wer sind Ihre Kunden?
Das sind vor allem Banken, Versicherungen, Agrarunternehmen und Regierungsorganisationen, die in Ländern aktiv sind, wo viele operative Entscheidungen unter hoher Unsicherheit in Bezug auf die Faktenlage getroffen werden müssen. Wir stellen sicher, dass Unternehmen eine billigere und bessere Entscheidungsgrundlage erhalten. Was unsere Kunden an uns schätzen, ist, dass wir zwar ein DeepTech-Unternehmen mit verschiedenen Patenten und bald auch eigenen Satelliten sind, aber keine Technologie(n) verkaufen, sondern bessere Entscheidungen in deren Kerngeschäft.
Sie versorgen Ihre Kunden mit «Decision Intelligence from Space», also «Entscheidungsintelligenz aus dem Weltall». Was genau ist darunter zu verstehen?
«Decision Intelligence» stellt sicher, dass der Datentraeger dem Entscheidungstraeger dient, und nicht umgekehrt. Um diese Entscheidungsintelligenz anbieten zu können, sammeln und analysieren Sie eine Vielzahl von Daten.
Was sind das für Daten und welche Technologien werden für die Suche verwendet?
Technisch gesehen arbeiten wir mit verschiedenen Geodaten – also Daten, die zu einer konkreten Position auf der Landkarte gehören. Unsere primäre Datenquelle sind Satellitendaten aber wir nutzen auch Daten von Sensoren im Boden, von Wetterstationen aber auch sozio-ökonomische Daten, die wir mit einem bestimmten Punkt oder einem Gebiet verbinden können.
Dürfen Sie diese Daten einfach so verwenden oder unterliegen diese Gesetzen und Regelungen? Worauf muss geachtet werden, beim Sammeln dieser Daten?
Das hängt vom spezifischen Land ab. Aber Satellitendaten sind entweder frei zugänglich (z.B. via NASA, ESA oder ISRO) oder wir kaufen sie von professionellen Anbietern. Diese Satellitendaten unterliegen keinen nennenswerten Datenschutzregelungen. Es bleibt vielleicht zu erwähnen, dass wir mit unseren Daten keine Gesichter oder Autonummern identifizieren können.
Was passiert mit den Daten, wenn Sie zusammengetragen wurden? Wie entwickeln Sie daraus Produkte und Lösungen?
Nehmen wir als Beispiel die Satellitendaten: Diese erhalten wir von der NASA, ESA oder kommerziellen Anbietern in grossen Dateien. Diese Dateien mit unseren Machine-Learning-Lösungen zu analysieren, um z.B. zu verstehen, was und wie viel in einem bestimmten Gebiet angebaut wird, kann uns schnell mal 10‘000 Franken an Rechnerkapazitäten kosten. Wenn wir eine Datei aber mal ausgewertet haben, entwickeln wir daraus konkrete Analysen, welche dann von unseren Kunden direkt bei deren Entscheidungsprozessen eingesetzt werden.
Wie können diese Daten helfen, Kreditvergaben an Bauern, die Überwachung von kritischer Infrastruktur und die Umsetzung von Klimaschutzaktivitäten zu unterstützen?
Im Endeffekt nutzen unsere Kunden spezifische Dashboards, welche wir für jeden einzelnen Kunden zusammenbauen. Kreditsachbearbeiter in indischen Banken sehen z.B. für einen spezifischen Kleinbauern, welches Land er besitzt, was die letzten Jahre wie erfolgreich angebaut wurde und was das erwartete Einkommen für dieses Jahr sein wird. Dabei werden Wettervorhersagen, Feuchtigkeitsvorräte im Boden etc. genutzt, um ein entsprechendes Risikoprofil zu erstellen. Die gleiche Logik wenden wir auch für unsere Kunden im Bereich Kritische Infrastruktur oder Klimaschutz an.
Wie wird sich SatSure weiterentwickeln?
Als nächsten Schritt wollen wir unsere eigenen Satelliten im Orbit haben, damit wir unsere Kunden unabhängiger, schneller und fokussierter mit den erforderlichen Analysen unterstützen können. Gleichzeitig bauen wir unser Portfolio an Decision-Intelligence-Lösungen für unsere existierenden Kunden aus. Das dürfte uns die nächsten 3 bis 4 Jahre vollends beschäftigen.