Wie KI-Bewertungen das Verhalten verändern

Eine HSG-Studie zeigt: Schon die blosse Information, von einer künstlichen Intelligenz bewertet zu werden, verändert das Verhalten von Bewerbern. Sie betonen vermehrt analytisches Denken und passen ihre Selbstdarstellung strategisch an – oft auf Kosten von Kreativität, Intuition und Vielfalt. Das hat weitreichende Folgen für Unternehmen und deren Auswahlprozesse.

Künstliche Intelligenz ersetzt zunehmend menschliche Entscheidungsträger – etwa bei Bewerbungen, Hochschulzulassungen oder der Vergabe öffentlicher Leistungen. Was das mit den bewerteten Personen macht, haben Forschende der Universitäten St.Gallen und Rotterdam untersucht. Ihre Ergebnisse wurden im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.

In zwölf Studien mit über 13’000 Teilnehmern zeigte sich ein klarer «KI-Bewertungseffekt»: Bereits die Information, von einer Maschine, statt von einem Menschen beurteilt zu werden, führt zu einem veränderten Verhalten. Bewerber orientieren sich stärker an dem, was sie für KI-gerecht halten.

Analytik statt Intuition

Die Studien zeigen, dass Bewerber unter KI-Bewertung deutlich häufiger analytische, regelbasierte Eigenschaften betonen. Emotionale Intelligenz, Kreativität oder spontane Impulse treten in den Hintergrund – obwohl diese in vielen Berufen von grosser Bedeutung sind. Der Grund liegt in einem weitverbreiteten Missverständnis: Viele glauben, dass künstliche Intelligenz rationales Denken bevorzugt, selbst wenn das nicht unbedingt der Fall ist.

Strategische Selbstdarstellung mit Nebenwirkungen

Wenn sich Bewerber strategisch anpassen, werden nicht mehr echte Persönlichkeiten beurteilt, sondern optimierte Fassaden. Das kann dazu führen, dass Unternehmen wichtige Qualitäten übersehen – etwa originelle Denkansätze oder soziale Kompetenzen. Die Vielfalt an Profilen und Denkstilen droht verloren zu gehen, obwohl gerade sie für Innovation und Teamdynamik zentral wäre.

Worauf Unternehmen achten sollten

Die Autoren der Studie fordern, den KI-Bewertungseffekt aktiv zu berücksichtigen. Unternehmen sollten ihre Auswahlverfahren so gestalten, dass Bewerber sich authentisch präsentieren können – auch bei digital gestützten Prozessen. Nur so lässt sich verhindern, dass unbewusste Verzerrungen die Qualität und Diversität von Entscheidungen beeinträchtigen.

Die vollständige Studie mit dem Titel «AI assessment changes human behavior» steht online kostenlos zur Verfügung.

Text: pd/red