Was Frauen von MINT-Berufen erwarten

In der Schweizer MINT-Branche fehlen Fachkräfte – vor allem weibliche. Ein Forschungsprojekt der OST – Ostschweizer Fachhochschule hat untersucht, was Unternehmen ändern müssen, damit Frauen nicht nur einsteigen, sondern auch bleiben. Beteiligte Firmen: Bühler, INFICON, Linde Kryotechnik, Liip und RUAG.

Über zwei Jahre hinweg hat das Institut für Diversität und Neue Arbeitswelten (iDNA) der OST gemeinsam mit den Unternehmen analysiert, was Frauen anzieht – und was sie abschreckt. Grundlage waren eine schweizweite Umfrage mit 475 Teilnehmenden sowie Fokusgruppen mit erfahrenen Fachfrauen. Drei Punkte standen dabei immer wieder im Zentrum: eine offene Unternehmenskultur, echte Wertschätzung und flexible Arbeitsmodelle.

Als Expertinnen respektiert werden

Viele Frauen wollen in MINT-Berufen arbeiten – aber unter Bedingungen, die passen. «Sie erwarten, als Expertinnen wahrgenommen zu werden – und nicht ständig ihre Kompetenz beweisen zu müssen», sagt Sara Juen, wissenschaftliche Mitarbeiterin am iDNA. Diese Anerkennung fehle in vielen Firmen noch immer. Hinzu kommt der Wunsch nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Gerade in Produktionsbetrieben sei das schwierig. Doch auch dort gibt es Ideen: Schichtsharing und stärker mit Mitarbeitern abgestimmte Pläne sollen mehr Flexibilität schaffen.

Eine Frage des Tons

Ein oft unterschätzter Faktor ist die Kommunikationskultur. «In einigen Abteilungen ist der Umgangston noch immer rau. Das schreckt viele ab», sagt Projektleiterin Prof. Dr. Alexandra Cloots. In Workshops mit dem Ikik Institut wurden Mitarbeitende für wertschätzenden Umgang sensibilisiert – mit Wirkung: In einem Unternehmen hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die nun einen Leitfaden dazu entwickelt. Das Ziel: Mitarbeiter sollen nicht nur geschult werden, sondern auch selbst aktiv zur Veränderung beitragen.

Prof. Dr. Alexandra Cloots

Führung, Vielfalt und Wirkung

Weitere Workshops behandelten Themen wie Chancengerechtigkeit, neue Machtverhältnisse oder inklusives Employer Branding. Daraus entstanden erste Massnahmen – manche davon wurden direkt dem Management vorgelegt. In Reflexionsrunden überdachten Führungskräfte ihr eigenes Verhalten. Debora Saracino von RUAG sagt: «Die Erkenntnisse liefern eine fundierte Basis, um dem weiblichen Fachkräftemangel gezielt entgegenzuwirken.»

Der Austausch zwischen den Firmen war ein zentraler Erfolgsfaktor – und soll fortgeführt werden. «Das Projekt hat uns wichtige Impulse gegeben. Einige Massnahmen konnten wir direkt umsetzen, andere zeigen uns, wo wir noch mehr Wirkung erzielen können», sagt Sebastian Kubik, Head of Engagement, Diversity & Inclusion bei Bühler. Unterstützt wurde das Projekt vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG).

Text: Nora Lüthi/red
Bilder: zVg