Konstruktionsfehler beim elektronischen Patientendossier

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau begrüsst die rasche Realisierung der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Allerdings sei das elektronische Patientendossier dafür nicht geeignet, schreibt er in seiner Vernehmlassungsantwort zum revidierten «Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier: Übergangsfinanzierung und Einwilligung».

In einem Bericht infolge eines parlamentarischen Vorstosses hat der Bund festgestellt, dass die nachhaltige Finanzierung des elektronischen Patientendossiers unzureichend sichergestellt ist. Daher will er mit der Revision des «Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier: Übergangsfinanzierung und Einwilligung» zeitlich befristete Finanzhilfen an Stammgemeinschaften schaffen, bis das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier in Kraft tritt.

Der Regierungsrat unterstützt die rasche Realisierung der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Allerdings sei das elektronische Patientendossier dafür nicht geeignet, weil es in der vorliegenden Form erhebliche Konstruktionsfehler habe, schreibt er in seiner Vernehmlassungsantwort an das Eidgenössische Departement des Innern. Zudem fehlten Anreize für die Eröffnung eines elektronischen Patientendossiers.

Keinen Nutzen für Leistungserbringer

Der Regierungsrat ist der Ansicht, dass das elektronische Patientendossier in dieser Form gescheitert ist. So wurde das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier per 15. April 2017 in Kraft gesetzt. Die Listenspitäler wurden verpflichtet, sich bis spätestens 15. April 2020, neu zugelassene Ärztinnen und Ärzte ab dem 1. Januar 2022 und Pflegeinstitutionen ab dem 15. April 2022 einer Stammgemeinschaft anzuschliessen. Seither zahlen diese Leistungserbringer jährlich hohe Beitragsgebühren, ohne bisher daraus einen Nutzen zu erzielen. Die Kantone wurden vom Bund und eHealth Suisse aufgefordert, auf freiwilliger Basis eine Anschubfinanzierung oder sonstige finanzielle Unterstützung zu gewähren.

Die Stammgemeinschaften erhalten damit seit Jahren Beiträge, ohne einen Nutzen für die Leistungserbringer und das Gesundheitssystem generiert zu haben, schreibt der Regierungsrat. Das habe seinen Grund auch in der aufwändigen Zertifizierung der Stammgemeinschaften. Diese hat sich so stark verzögert, dass die ersten Patientendossiers erst 2022 eröffnet werden konnten. Der Regierungsrat ist daher der Überzeugung, dass das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier grundlegend neu zu erarbeiten ist.

Noch wenig Akzeptanz bei der Bevölkerung

Das EPD wird in der Bevölkerung mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen gleichgesetzt. Aufgrund der Konstruktionsfehler des EPD entsteht bei vielen Menschen der Eindruck, die Digitalisierung im Gesundheitswesen sei generell schlecht. Das ist aber nicht der Fall. Es ist daher umso wichtiger, ein revidiertes EPD mit allen Mitteln rasch und entschlossen voranzutreiben, so dass ein Produkt entsteht, dass in der Bevölkerung akzeptiert und positiv wahrgenommen wird. Andere Bereiche, z.B. das eBanking oder die Apps der Krankenkassen, beweisen, dass die Schweizer Bevölkerung dafür bereit ist, wenn ein nutzenstiftendes Produkt angeboten wird.