«Benutzerfreundlich und leicht verständlich»
Die Urnäscher Blockchain Trust Solutions AG (BCTS) hat eine neue smarte Brieftasche entwickelt. Das blockchainbasierte White Label Wallet hat mit der Acrevis Bank und dem Einzelhandel in Gossau bereits erste grosse Partner gefunden.
Ein blockchainbasiertes Wallet ist vergleichbar mit einer App, die als digitales Portemonnaie fungiert. Es ermöglicht sowohl das sichere Speichern von Informationen als auch das sichere Übertragen von Transaktionen auf einer Blockchain, ähnlich wie beim mobilen Zahlungs-Apps. Doch was bedeutet in diesem Zusammenhang «White Label», was kann das Wallet alles und wie sicher ist es? Wir haben bei Niklas Messmer, Projektleiter bei der Blockchain Trust Solutions AG nachgefragt.
Niklas, was ein Wallet ist, dürften die meisten east#digital-Leser wissen, was aber bedeutet «White Label»?
Das bedeutet, dass wir die Wallet-Lösung problemlos replizieren können. Heisst konkret: wenn beispielsweise ein weiteres Unternehmen Interesse daran hat, ein eigenes digitales Gutscheinsystem einzuführen, können wir das bestehende Wallet an das Erscheinungsbild des Unternehmens anpassen. Dies beinhaltet bspw. die Anpassung an der Corporate Identity und an Texten, während die grundlegenden Funktionen unverändert bleiben. Diese Vorgehensweise bietet zahlreiche Vorteile.
Die da wären?
Sie erlaubt es Unternehmen, die Vorteile einer digitalen Wallet-Lösung zu nutzen, ohne sich mit den komplexen Herausforderungen der Eigenentwicklung auseinandersetzen zu müssen. Zudem sorgt die Möglichkeit zur Anpassung an das eigene Markenimage für ein einheitliches Kundenerlebnis.
Welche Funktionen stehen den Nutzern zur Verfügung?
Unser Wallet bietet vier grundlegende Funktionen: Übertragen, Empfangen, Gutscheine Erstellen und verschenken sowie einlösen. Die aufregendste ist zweifellos die Möglichkeit, Gutscheine direkt im Wallet zu erstellen und zu verschenken, und zwar genau dann, wenn man sie braucht (on-demand). Die erstellten Gutscheine können digital über Plattformen wie bspw. WhatsApp oder per E-Mail verschickt oder ganz einfach physisch ausgedruckt und persönlich überreicht werden. Die Besonderheit liegt darin, dass diese Gutscheine innerhalb weniger Sekunden bei den teilnehmenden Einzelhändlern in Gossau eingelöst werden können, indem ein QR-Code gescannt wird. Es handelt sich um eine äusserst benutzerfreundliche und leicht verständliche Lösung, die für jeden zugänglich ist.
Wo lagen die technischen Herausforderungen bei der Entwicklung?
Oberste Priorität war es sicherzustellen, dass das Wallet von jedermann ohne Vorkenntnisse genutzt werden kann und die Registrierung innerhalb von Sekunden abgeschlossen ist. Unser Fokus lag darauf, die Mehrwerte in den Vordergrund zu stellen und nicht die komplexen technischen Aspekte der Blockchain-Technologie.
Die Blockchain-Technologie kann für Laien eine Herausforderung sein, da sie oft als kompliziert wahrgenommen wird.
Das stimmt. Wir haben es jedoch geschafft, das Wallet so zu gestalten, dass selbst Personen ohne Vorkenntnisse sie in nur wenigen Minuten einrichten und nutzen können. Dies unter der Leitung unseres CTO Toni Caradonna, der zu den führenden Experten auf seinem Gebiet gehört. Um die Einfachheit der Wallet-Einrichtung selbst zu erleben, empfehle ich, die App «Go Gossau» herunterzuladen und einzurichten, die sowohl für Android als auch für iOS verfügbar ist.
Welche Technologien und Plattformen unterstützt das Wallet?
Unser Wallet basiert auf dem SwissDLT, einem Netzwerk, das vollständig in Schweizer Hand liegt und von Schweizer KMUs in Schweizer Rechenzentren betrieben wird. Die SwissDLT ist eine Schweizer Blockchain, die von KMUs für KMUs entwickelt wurde. Ein bemerkenswerter Aspekt dieser Infrastruktur ist ihr äusserst geringer Energieverbrauch - sie benötigt weniger Strom als vier Staubsauger. Der verwendete Strom stammt ausschliesslich aus erneuerbaren Energiequellen, und eventuelle verbleibende CO2-Emissionen wurden von der SwissDLT überkompensiert.
Welche Sicherheitsmassnahmen wurden implementiert, um die sensiblen Finanzdaten und Transaktionen der Benutzer zu schützen?
Unser Wallet digitalisiert effektiv physische Gutscheine, ohne dabei persönliche Daten zu erfassen oder zu speichern - weder im physischen noch im digitalen Prozess. Es handelt sich hierbei nicht um eine Finanzanwendung, bei der ein zentraler Dienstleister Daten besitzt oder kontrolliert. Besonders wichtig ist, dass keine Daten zentral gespeichert werden, wodurch der häufigste Angriffsvektor eliminiert wird. Weder ein Hack, wie kürzlich bei einem grossen Datenanbieter wie Microsoft, noch ein Ausfall eines Datencenters kann die Sicherheit beeinträchtigen.
Aktuell gibt es eine Partnerschaft mit der Acrevis Bank und dem Einzelhandel in Gossau. Welche Anwendungsbereiche sind sonst noch denkbar?
Noch viele! Beispielsweise in der Gastronomie, dem Sportsektor, der Tourismusbranche, dem Wellness- und Fitnesswesen oder dem betrieblichen Gesundheitsmanagement in Unternehmen. In der Sportbranche könnte das Wallet zusätzlich im Veranstaltungs-management (Ticketing, Verkauf von Food and Beverage, etc.) hilfreich sein. Im Tourismus könnte sie die Buchungsabwicklung unterstützen, während sie in der Fitnessbranche bei der Verwaltung von Mitgliedschaften oder der Buchung von Kursen Anwendung finden könnte. Weil die Anwendungsbereiche so vielfältig sind, arbeiten wir intensiv an der Entwicklung einer IoT-Marketingplattform namens magnet.hub, in die unsere Wallet nahtlos integriert ist. Diese ermöglicht es, physische Produkte in die digitale Welt zu übertragen und bietet eine ideale Lösung zur Stärkung von Kundenbeziehungen, beispielsweise durch Loyalitätsprogramme.
Wie sieht die Roadmap für die Weiterentwicklung des Wallets aus, und welche strategischen Partnerschaften erwartet BCTS in Zukunft, um die Reichweite zu erhöhen?
Als nächsten Schritt planen wir, weitere Regionalbanken für unser Produkt zu gewinnen. Das Wallet und die zugrundeliegende Technologie bieten Regionalbanken die Möglichkeit, sich als Innovatoren und Vorreiter zu positionieren. Dafür suchen wir aktiv den Dialog mit weiteren Banken, um deren individuellen Anforderungen besser zu verstehen. In Bezug auf unser Projekt mit der Acrevis Bank und dem Einzelhandel in Gossau ist unser Ziel, die Verbreitung des Wallets zu fördern und eine breite Akzeptanz zu erreichen. Wir sind gespannt auf die ersten Feedbacks der Bank und den Bürgern von Gossau.
Interview: Patrick Stämpfli
Bild: Marlies Beeler-Turnheer